Unternehmensnachfolge

Unternehmens­nachfolge in der Praxis eine Studie der Universität St. Gallen und der Credit Suisse

lst es eine gute oder eine schlechte Nachricht, dass es laut der aktuellen Studie in der Schweiz über 70'000 KMU bald vor einem Generationenwechsel und damit mit einem Bein schon im Nachfolgeprozess sind? Wir haben für Sie die Studie gelesen und fassen wichtige Erkenntnisse und unsere Einschätzung zusammen.

Auf den ersten Blick und vordergründig stellt das die Gesamtwirtschaft vor eine grosse Herausforderung und in Anbetracht der Tatsache, dass die demographischen Entwicklungen immer weniger Nachfolgen in den Familien zulassen, werden Modelle wie Management-Buy-Out oder Management-Buy-ln oder gar Verkäufe an lnvestorengemeinschaften immer relevanter und der Prozess generell wird immer komplexer. Auf der anderen Seite sind wir der Auffassung, dass im Sinne von jede Veränderung - und sei es hier sogar eine Veränderung der gesamten Nachfolgesystematik - oft gut tut, frischen Wind mit sich bringt und sich nachher neue Chancen für Unternehmer und Eigentümer entwickeln. Auch die Erkenntnis, dass von diesen Nachfolgen ca. 400'000 Arbeitsplätze betroffen sind, kann man als Chance verstehen. Denn eine frühzeitige Übergabe an fähige und modern ausgebildete Manager kann in vielen Fållen den Erhalt des Unternehmens sichern.

Neustrukturierungen und Neuausrichtungen zum rechten Zeitpunkt bringen gerade dann auch positive Effekte in Bezug auf Arbeitsplatzsicherung oder Arbeitsplatzentwicklung. Nicht überraschend, aber ¡mmer w¡eder erschreckend ist, dass unter 30% der befragten KMU noch keinen konkreten Zeitplan für ihre Unternehmensweitergabe haben. Wir kennen auch andere Fälle und sehen, dass es dem Unternehmer wichtigen Freiraum gibt, wenn er sich zeitlich Luft lässt, den Prozess in die Wege zu leiten. Da ist zum einen der Aspekt der frühzeitigen Strukturierung und Entflechtung der Unternehmung. Private Darlehen, Bürgschaften, Minderheitsbeteiligungen oder andere vertragliche Verflechtungen können beim Unternehmensverkauf enorm blockieren oder ihn sogar zunichtemachen. Der zeitliche Spielraum lässt auch zu, dass man branchenbezogene wirtschaftliche Schwankungen vorüberziehen lässt. Denn einen Unternehmensverkauf dann zu lancieren, wenn die Umsätze seit drei Jahren fallen und sie laufend Personalabbau betreiben, ist wie die Preisbildung «Sale» im Winterschlussverkauf .

Ein dritter Aspekt ist der persönliche. Es kann sehr wohl Spass bereiten, mit voller Kraft die nächste Phase des Unternehmens einzuleiten. Dann nämlich, wenn man aktiv und ohne Einschränkungen die Dinge unternehmerisch und persönlich in die Hand nehmen können und noch mit Tatendrang die Geschehnisse steuern können. Ein Engpass erleben wir, wenn es zwar potentiell finanzkräftige Käufer für das Unternehmen gibt, dort aber ein Mangel an passenden Nachfolgern im Management oder Verkauf besteht. Da ist es wertvoll man hat den Unternehmer noch für 1–3 Jahre in der Übergangszeit. Der Wert eines Unternehmens ist immer abhängig von Schlüsselpersonen. Es braucht die Zeit, diese qualifiziert zu ersetzen.

ln der Studie spricht man vor allem von den erfolgreichen Unternehmensweitergaben und natürlich gehen auch alle befragten von diesem Szenario aus. Man sollte jedoch wissen, dass ein nicht unerheblicher Teil der Unternehmensverkäufe auch scheitern. Sie scheitern, weil sie sich so lange hinziehen, bis es nachher zur Liquidation kommen muss. Auch wenn es hart klingen mag, aber ein ins Alter gekommener, möglicherweise erkrankter Geschäftsführer steigert den Wert des Unternehmens nicht. Abgeschriebene Maschinen haben zwar den Charme von Nostalgie und stillen Reserven, wahrscheinlich aber sind sie ein Zeichen von nicht getätigten lnvestitionen. Auch die Gewerbeliegenschaft aus dem Jahre 1970 steigt meist nur dann noch im Wert, wenn sich der Standort gerade überproportional positiv entwickelt. Regional tätige, ins Alter gekommene KMU werden meist nicht gekauft - man muss sie verkaufen! Ohne Aufbereitung, ohne gezielte Veröffentlichung und ohne Flexibilität im Verkaufsprozess können schnell daraus werden.

Gut kann es in Familienunternehmen laufen, wenn sogenannte Governance-lnstrumente frühzeitig bekannt sind und genutzt werden. Gemeint sind zum Beispiel Aktionärsbindungsverträge oder erb- oder eherechtliche Verträge. Laut der Studie werden diese lnstrumente bei Familienunternehmen rege genutzt (Aktionärsbindungsverträge 42%, Erbverträge 36%, eherechtliche Vertråige 35%). Die Nutzung solcher Regularien ist ein lndiz dafür, dass man sich frühzeitig im Unternehmen und in der Familie mit dem Fortbestand der Unternehmung und des Vermögens auseinandersetzt. Eine rechtzeitige, innerfamiliäre Diskussion und Regelung hilft dann häufig, externe Mehrheitsübernahmen zu vermeiden. Ausserdem können mit derartigen lnstrumenten das Verhältnis zwischen Eigentumsbesitz und Entscheidungsgewalt gesteuert werden.

Die Studie zeigt noch einen weiteren interessanten Sachverhalt auf: Nur etwa ein Drittel aller Käufer zahlen den tatsächlichen Marktpreis des Unternehmens oder mehr. Bei der Übergabe von Unternehmen innerhalb der Familie und im Freundeskreis sind grosse Preisabschläge zum eigentlichen Marktwert zu sehen. Durchschnittlich beträgt der Discount bei familieninternen Weitergaben oder im Freundeskreis 41%. Beim Verkauf an einen Geschäftspartner liegt der durchschnittliche Discount bei 22%. Beim Verkauf an vorher unbekannte Personen oder einer geschäftsinternen Übergabe beträgt der Discounl2To/o im Schnitt. Diese genannten «Korrekturen» zum Marktwert sind beachtlich und veranlassen auch ein wenig zum nachdenken: Hätte man bei besserer Unternehmensdarstellung nicht einen höheren Wert erzielen können? Hätte eine breitere Ausschreibung nicht zu mehr Nachfrage und damit zu einem höheren Preis führen können? ln den Fällen der Studie wissen wir es nicht. Wir sind aber gespannt auf zukünftige Nachfolgeprojekte und freuen uns diesen Markt mit unserer Unterstützung bedienen zu können.

Quelle: Ralf Schönung Diplom betriebswi rt(BA) M&A-Business Unternehmensberater