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Gedanken aus dem "Zuhause-Knast"

Die Coronavirus-Krise verändert die Welt, hört oder liest man diese Tage sehr oft, aber tut sie das wirklich? Was uns sicherlich alle interessiert ist die Frage, wie sieht unsere Zukunft nach Überwindung der Pandemie aus?

Wird sich die Massenverschiebung von Menschen und Gütern hier bei uns oder auch global weiterentwickeln. Haben Verlegung von Produktionsstandorten in Billiglohnländer oder Just-in-Time-Produktion mit riesigen verzweigten Wertschöpfungsketten, bei denen Millionen Einzelteile über den Planeten verschoben werden, weiterhin dieselbe Bedeutung? Wird der Mensch besinnlicher und gibt es Werteverschiebungen in unserem Leben nach der Krise?

Wir wissen es einfach nicht. Vom noch ungebildeten kleinen Kind bis zum weisen, emeritierten Professor für Wissenschaft und Forschung kann niemand sagen wie es wird. Das ist doch eigentlich eine höchst spannende Situation, die wir so noch nie erlebt haben. Nutzen wir, die wir zuhause bleiben müssen, diese ungewohnte Situation dazu, uns zu reflektieren und vorzubereiten, auf was da immer kommen wird.

Prioritäten anders setzen, Probleme neu bewerten

Der deutsche Trend- und Zukunftsforscher und Herausgeber vieler Bücher zu Themen über Trends, Zukunft und Wandel, Matthias Horx, versetzt sich in den September 2020 und schaut nicht in die Zukunft, sondern von der Zukunft aus zurück ins Heute: „Ist alles so wie früher? Schmeckt der Wein, der Cocktail, der Kaffee wieder wie früher? Wie damals vor Corona? Oder sogar besser?“ Er staunt, wieviel Humor und Mitmenschlichkeit in den Tagen des Virus tatsächlich entstanden sind und stellt fest, dass die Welt niemals wieder zur gewohnten Normalität zurückkehren wird, dass unsere Technikgläubigkeit einen Dämpfer erfährt, dass „ortsnahe Produktionen boomen“ und unsere Netzwerke lokaler werden.

Er prognostiziert zwar einen Konjunktur- und Börseneinbruch, vergleicht die Wirtschaft aber mit einem atmenden Wesen, „das auch dösen oder schlafen“ kann, aber nie den Nullpunkt erreicht. Was er rückblickend sieht, ist enorm positiv und ausgesprochen optimistisch. Er geht davon aus, dass die aktuelle „Tiefenkrise“ zum Ausgangspunkt einer sich neu formenden Welt wird, in der wir Prioritäten anders setzen und Probleme neu bewerten; dies werde die Menschen aus Sackgassen, in die sie sich verrannt hätten, herausführen.

Doch es lässt sich nicht leugnen, dass auch eine Re-Gnose nichts anderes ist als eine Pro-Gnose – selbst, wenn man es umgekehrt aufschreibt. Denn niemand weiss, wie wir aus dieser Krise herauskommen, welche Rückschlüsse wir ziehen müssen oder dürfen.

Achtsamkeit und Wertebewusstheit

Wer tagelang aus erzwungenen Gründen nur zuhause bleiben muss, auf den «Znünischwatz» im Kaffee um die Ecke oder das traditionelle Freitagabend Bier in gemütlicher Runde verzichten muss, wird sich vielleicht sagen: Es geht ja auch ohne und brauche ich das wirklich noch? Doch wird er das auch noch denken, wenn die Krisenzeit vorbei ist? Wenn er wieder die Möglichkeit hat, im Restaurant seiner Wahl essen zu gehen oder den wöchentlichen Meetings im Geschäft beizuwohnen?

Nutzen wir die «stille» Zeit und seien wir achtsam mit uns und unseren Nächsten, werden wir uns bewusst über unsere persönlichen Werte bezüglich uns selbst, unserem Arbeitgeber, dem Job, dem Chef, den Mitarbeitenden usw. Gehen wir so gestärkt aus einer Zeit des «social distancing» und des Verzichts auf Dinge, die bis vor dem Lockout alltäglich waren.

Fazit: Wie sich nach der Coronakrise unsere Welt verändern wird, bleibt offen. Statt in die Glaskugel zu schauen und zu prognostizieren, sollten wir uns bemühen, durch verantwortungsbewusstes, solidarisches Handeln die Gegenwart zu meistern – frisch gestärkt und getragen von Zuversicht.

Walter Burkhalter